Samstag, 21. Juni 2014

Was für ein Mensch, was für ein Gott, Jesus!

Heute kommen wir nun zu den letzten fünf Versen des Prologs und lassen damit diesen doch so anderen Teil hinter uns. Vieles wurde nicht angesprochen, aber macht euch keine Sorgen, wir werden im Laufe unser Reise immer wieder mal auf diese Verse zurückkommen. Denn sie sind unser Wegweiser durch das gesamte Evangelium und bieten uns auch eine tolle Zusammenfassung. Nun sollten wir uns aber unseren heutigen Versen zuwenden, denn wir haben noch viel mit ihnen vor. Lest dafür ruhig noch einmal die ganzen achtzehn Verse - wenn es geht ruhig auch mal laut. Dann sieh dir noch einmal die Verse 14  bis 18 genauer an.

Und wir sind wieder beim “Wort”. Wie wir schon bei unserer ersten Betrachtung gelernt haben, sprengt Johannes spätestens mit diesem Vers das Konzept seiner gesamten Zuhörerschaft, egal was sie bis jetzt mit dem Begriff “Wort” verbunden hatten. Auch haben wir letztes Mal schon viel von dem Licht und Gottes Selbstoffenbarung an uns Menschen geredet, so dass ich nicht viel dazu sagen will. Aber damit wir uns noch einmal bewusst machen, was mit der Geburt Jesu passiert ist, möchte ich euch noch ein Zitat von D.A. Carson zu diesem Vers zum Nachdenken mit auf den Weg geben: “Gott entschied sich dazu, sich endgültig und zum letzten Mal in einem realen, historischen Mann erkennen zu geben: ‘als “das Wort Fleisch wurde”  wurde Gott Mensch’.” (God chose to make himself known, finally and ultimately, in a real, historical man: ‘when “the Word became flesh”, God became man’.” D.A. Carson, The Gospel according to John, 1991, Seite 127)
Aber bevor wir zu den neuen Hinweisen in diesen Versen kommen, möchte ich noch auf etwas interessantes hinweisen, was ich über Vers 14 gelernt habe. Das Wort, das wir im Deutschen mit “wohnte unter uns” (Elberfelder) oder “lebte unter uns” (NGÜ) übersetzten, heißt wörtlich “zeltete” und hat einen starken Bezug zu dem Konzept der Stiftshütte. 

Lies nun einmal 2. Mose 25, 8 und schreibe auf, was Gott dort über die Stiftshütte sagt. 





Gott hatte sich im Alten Testament dazu entschlossen, in der Stiftshütte und später im Tempel unter seinem Volk zu wohnen. Aber mit der Geburt Jesu entschied er sich “in einer noch persönlicheren Weise mitten unter seinem Volk zu wohnen - durch das Fleisch-gewordene-Wort.” (" to dwell amongst his people in a yet more personal way, in the Word-become-flesh " D.A. Carson, The Gospel according to John, 1991, Seite 127)



Denke nun einmal über diese beiden abschließenden Gedanken zu der Menschwerdung Gottes nach, die durch diese Zitate von D.A. Carson angesprochen wurden. Schreibe kurz auf, was du Neues durch sie gelernt hast. Oder was dich noch einmal ganz neu über dieses Wunder, dieses Geschenk in Ehrfurcht versetzt hat. 





Wenn ich nur lang genug über all das nachdenke, dann kann ich nicht anders, als jedes Mal Gott aufs Neue für sein unverdientes Geschenk an mich zu danken. Machen wir aber nun einen Sprung zu Vers 15. In einigen, besonders englischen Übersetzungen, wird dieser Vers in Klammern gesetzt. In der Elberfelder Übersetzung wird er durch Bindestriche vom Rest des Textes abgetrennt. Dies geschieht, weil dieser Vers wie ein Einschub klingt, was daher kommt, dass Vers 16 sich direkt auf Vers 14 bezieht. In der Elberfelder fängt Vers 16 mit “denn” an, und damit es auch ganz klar ist, worauf sich dieses “denn” bezieht, wird Vers 15 sichtbar abgetrennt. 

Wenn nun Vers 14 und Vers 16 so aneinander gebunden sind, was denkst du dann, warum Johannes Vers 15 genau in ihre Mitte platziert hat?  Warum nicht davor oder danach? Bis jetzt klang der ganze Prolog ja sehr durchdacht. Schreibe kurz auf, was dir dazu einfällt.



Ich muss selbst gestehen, dass ich diesen Vers oft einfach überlesen habe. So nach dem Motto: Ja, ja, das hatten wir doch gerade schon. Ich brauchte auch jemand anderes, der mich dazu brachte, über diesen Vers noch einmal genauer nachzudenken. D.A. Carson schreibt etwas sehr interessantes über diesen Vers, was zeigt, wieso er nicht fehl am Platze ist: “Und durch das Platzieren der Zusammenfassung von dem Zeugnis des Täufers, identifiziert der Evangelist durch eine Vorwegnahme Jesus mit dem Fleisch-gewordenen-Wort.” (" the Evangelist by anticipation is identifying Jesus with the Word-made-flesh " D.A. Carson, The Gospel according to John, 1991, Seite 131) Mit anderen Worten - der Gott, der Mensch wurde, bekommt einen Namen, auch wenn wir ihn noch nicht gelesen haben. Denn diese Geschichte lesen wir erst in den nächsten Versen von Kapitel eins. 

Insgesamt hat Johannes nun mit Vers 15 das zweite Mal seine sehr poetische Beschreibung von Jesus und seinem Kommen als Mensch durch einen “Einschub” von dem Zeugnis von Johannes dem Täufer unterbrochen. Und dies hat für mich einen zweifachen Effekt. Erstens bereitet er den Leser schon einmal auf den Rest des 1. Kapitels vor, so dass die nächsten Geschichten beim Lesen kein totaler Bruch von dem Prolog sind. Denn der Prolog dreht sich hauptsächlich um Jesus, aber dann fängt der Rest des Evangeliums mit Johannes dem Täufer an. Also springt Johannes in Vers 19 von Jesus zurück auf die Ereignisse vor Jesu öffentlichem Dienst. Und deshalb denke ich, er hat uns durch diese Einschübe schon in der Einleitung drauf vorbereitet, dass Johannes der Täufer wichtig ist, und dass er den Anfang der Geschichte über Jesu Wirken bildet.
Aber dies ist nur die eine Seite, denn die andere ist die, die ich schon durch das Zitat von D.A. Carson angesprochen haben. Durch die insgesamt 4 Verse, die Johannes in dieser Einleitung Johannes dem Täufer widmet, bekommt diese Einleitung einen sehr realen Charakter. Es ist nicht nur der Anfang einer tollen Geschichte, oder einer philosophischen Abhandlung, auch wenn die anderen Verse schnell diesen Eindruck geben können. Nein, wir reden hier über geschichtliche Ereignisse. Wir reden bzw. lesen über einen realen Mann, der neben seiner menschlichen Seite auch eine göttliche hatte. 

Und somit bringt uns dieser Vers, der beim Lesen doch so falsch platziert vorkommt, dazu, zu stoppen und nachzudenken. Besonders, wenn wir uns Zeit beim Lesen nehmen und wir ihn nicht einfach überlesen. Und das ist etwas, was meiner Meinung nach Johannes mit seinem Evangelium beabsichtigt. Man kann es sehr einfach lesen, aber wenn man genau hinschaut, kann man auch stundenlang darüber nachdenken. Und das macht dieses Evangelium so interessant für mich - hoffentlich auch für dich! Es ist fast wie eine Schnitzeljagd, und wir werden sehen, ob wir all die kleinen Hinweise auf Größeres oder eine tiefere Bedeutung eines Textes entdecken werden. Und nur schon mal als Hinweis für das restliche Evangelium: oft täuscht der erste Anschein. Wir haben das schon mit seinem “das Wort wurde Fleisch” gesehen, dass das jüdische und auch das griechische Konzept hinter “Wort” völlig über den Haufen warf. Und wir werden noch öfters sehen, das unsere ersten Gedanken nicht richtig sein können. Lasst uns genau hinschauen, und ruhig die Fragen stellen, die uns beim Lesen kommen. Denn ich denke, das hat Johannes beabsichtigt. 

In Vers 14 lesen wir, dass Johannes und die anderen Jünger Jesus Herrlichkeit angesehen haben. Lasst uns dazu die Stelle lesen, in der Mose die Herrlichkeit Gottes angesehen hat. Schlagt dazu  2. Mose 34 auf und lest die ersten sieben Verse. Danach schreibt auf, was euch bei dem Vergleich zwischen dieser Stelle und unseren Versen aus dem Johannesevangelium auffällt. 




Johannes hatte wahrscheinlich diese Stelle aus dem 2. Buch Mose im Hinterkopf, als er diese Verse in der Einleitung schrieb. Nachdem er nun schon festgehalten hat, dass Jesus (d.h. “das Wort”) Gott war, durch ihn alles geschaffen wurde, und er als Licht auf die Welt kam, fügt er nun noch die Herrlichkeit Gottes hinzu. Denkt einmal über dieses Zitat nach: “Die Herrlichkeit, die Moses offenbart wurde, als der Herr an ihm vorbeiging und seinen Namen ausrief, und dabei zeigte, dass göttliche Güte durch unbeschreibliche Gnade und Wahrheit charakterisiert ist, war genau dieselbe Herrlichkeit, die Johannes und seine Freunde in dem Fleisch-gewordenem-Wort sahen.” (“The glory revealed to Moses when the Lord passed in front of him and sounded his name, displaying that divine goodness characterised by ineffable grace and truth, was the very same glory John and his friends saw in the Word-made-flesh.”  D.A. Carson, The Gospel according to John, 1991, Seite 129)

Und wenn wir nun die Geschichte in 2. Mose 34 weiterlesen würden, würden wir sehen, wie Mose auf diese Herrlichkeit reagiert hat: “Da kniete Mose sich schnell nieder, neigte sein Gesicht zur Erde, betete den Herrn an." (2. Mose 34, 8: Neues Leben).
So vollkommen menschlich Jesus auch war, er strahlte doch Gottes Herrlichkeit aus. Etwas, das uns wie Mose auf die Knie bringen sollte, um Gott anzubeten. Eine Herrlichkeit, die wir wahrscheinlich erst vollkommen verstehen, wenn wir vor ihm stehen werden. Aber wenn wir uns die ganze Geschichte vor Augen halten und uns Zeit nehmen, darüber nachzudenken, was diese Herrlichkeit voller Gnade und Wahrheit beinhaltet, können wir zumindest ein tieferes Verständnis dafür bekommen. 

Lies dazu auch Offenbarung 1, 12-18. Wie reagierte Johannes auf das, was er sah.




Johannes, der Jünger, der beim letzten Abendmahl neben Jesus saß, und der davor drei Jahre mit ihm unterwegs gewesen war. Er hatte Jesus als Freund, als Mensch kennen und lieben gelernt. Aber als er ihn als Gott vor ihm stehen sah, konnte auch er nicht anders als vor Ehrfurcht wie tot vor ihm auf die Erde zu fallen. Und beim Lesen des Evangeliums sollten wir uns immer wieder vor Augen halten, wer Jesus ist. Mensch und Gott. Gott, der als Mensch auf die Erde kam.

Und warum kam er? Nicht nur, damit wir ihn alle anbeten, damit er seine Herrschaft für alle sichtbar ausübt - das wird noch kommen. Nein er kam, um uns zu beschenken. Er kam, damit wir die Gnade Gottes empfangen können (Vers 16). Jesus kam, um das, was Gott durch Moses und der Gesetzgebung am Berg Sinai angefangen hatte, mit dem Tod Jesus zu Ende zu bringen. Seine Gnade, sein Geschenk der Erlösung würde nun endlich das Problem beenden, dass wir alle haben, da wir das Gesetz aus eigner Kraft nicht einhalten können.  
Und er kam, um uns Gott zu zeigen. Denn mit Vers 18 schließt sich der Bögen zu Vers eins. Am Anfang haben wir gelesen, dass das Wort bei Gott war. Und nun sagt der letzte Vers: "der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn kundgemacht."(Elberfelder) Und meine Hoffnung ist es, dass wir ganz neu Gott tiefer durch das Leben Jesus kennenlernen, wenn wir nun die Zusammenfassung von Jesus Leben auf der Erde lesen werden.


Was für ein Mensch, dem Wind und Wellen gehorchen.
Was für ein Mensch, der auf dem Wasser geht.
Was für ein Mensch, der Wasser in Wein verwandelt,
Brot und Fisch vermehrt.

Was für ein Mensch, der die Gefangenen frei macht.
Was für ein Mensch, der selbst den Tod bezwingt.
Was für ein Mensch, der allen Armen und Schwachen
frohe Botschaft bringt.

Jesus, Erlöser der Welt.
Du bist Christus, der Fels der uns hält.
Gott ist mit uns, er selbst kommt zur Welt,
das Licht, das die Nacht erhellt.

Was für ein Gott, der zu uns kommt, um zu dienen.
Was für ein Gott, der klein wird, wie ein Kind.
Was für ein Gott, der alle Schuld dieser Erde
für uns auf sich nimmt.

Was für ein Gott, der mit uns sein neues Reich baut.
Was für ein Gott, der uns das Erbe gibt.
Was für ein Gott, der uns als Söhne und Töchter
Unbeschreiblich liebt.

Jesus, Erlöser der Welt.
Du bist Christus, der Fels der uns hält.
Gott ist mit uns, er selbst kommt zur Welt,
das Licht, das die Nacht erhellt.

Was für ein Mensch, Jesus.
Was für ein Gott, Jesus.


(Albert Frey)